Das Konzept der zweiten Haut

Walter Schurian

Die Nähe der Kunst zu den sinnlichen Empfindungen zeigt sich unmittelbar in der Schrift über die Zweite Haut, die Kleidung des Menschen (»Über die Zweite Haut«, 1982/1983). Darin wird dargelegt, wie die Kleidung des Menschen inzwischen zur Mode verkommen ist, welche dem Einzelnen von außen her zudiktiert wird.

Nach Hundertwasser muss die Kleidung jedoch zwei Aufgaben erfüllen: Sie muss die Unterschiede zwischen den Menschen zum Ausdruck bringen, und sie muss dem Körper angenehm sein. In der Mode werden dagegen die Unterschiede in Stand, Leistung und Ausdruck zugedeckt, die Uniform beherrscht das Bild, jeder geht in der Masse gleichgekleideter Menschen unter, er kann darin sogar bei Bedarf verschwinden; keiner braucht mehr Verantwortung zu zeigen, keiner kann mehr zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem zwängt die von außen zugewiesene Mode die Körper und die Sinne der Menschen ein. Die Formen und Farben sind fernab der wirklichen Bedürfnisse entworfen und werden allen übergezogen. Hundertwasser äußert sich in dieser Schrift selber als ein verantwortungsvoller Künstler.

Hier erweist sich, für jeden Menschen nachvollziehbar, der unmittelbare Bezug seiner Kunst zum Leben.

 

Publiziert in:

Schurian, Walter (Hg.): Hundertwasser – Schöne Wege, Gedanken über Kunst und Leben. München: Langen Müller Verlag 2004, S. 308