SONNENSTERN GEDICHT

Friedensreich Hundertwasser

Sonnenstern ist einsam und in weiter Ferne.
Die Sterne sind einsam und in weiter Ferne.

Sonnenstern brennt, ohne zu sterben,
Die Sonne brennt, ohne zu sterben.

Sonnenstern strahlt aus von weither,
Und sein Schein ist so hell,
Daß wir unsere Augen bedecken müssen.

Sonnenstern gibt uns Licht für Generationen.

Sonnenstern ist unabhängig von uns allen auf dieser Welt.
Sonnenstern ist stärker als wir alle auf dieser Welt.
Seine Revolution ist nicht brutal und zerstörerisch wie jene,
die wir kennen;
Seine Revolution kommt von den Sternen
Und geht in unser Innerstes.
Er ist Abgesandter einer anderen Welt.

Sonnenstern brennt immer -
Laßt uns still sein,
Laßt uns hören,
Gott spricht.

 

Das Gedicht, 1964 geschrieben und 1965 auf Englisch im Katalog "Schröder-Sonnenstern", Aoki Gallery, Tokio/Japan, erschienen, entstammt dem Katalog zur Schröder-Sonnenstern-Ausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf, 1967, S. 22. Hundertwasser war einer der ersten, die den Maler Friedrich Schröder-Sonnenstern anerkannten. Beide Künstler arbeiteten auch gemeinsam an einem Seidensiebdruck "Eva" ("Hommage à Sonnenstern-Eva", 1972). Ins Deutsche nicht von Hundertwasser selbst übertragen.

Publiziert in:

Schurian, Walter (Hg.): Hundertwasser - Schöne Wege, Gedanken über Kunst und Leben. München: Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv) 1983, S. 145-146 und Ausgabe 2004 (München, Langen Müller Verlag), S. 179

Hirsch, Andreas (Hg.): Hundertwasser – Die Kunst des grünen Weges, Ausstellungskatalog KunstHausWien. München: Prestel Verlag 2011, S. 152