Hundertwassers Kommentar zum Werk

Micheline hatte die großen Mandelaugen, die ich dann von Brô übernommen habe. Leider wurde sie schon von Brô und Bernard geliebt. (aus: Kat. Albertina, Wien 1974, S. 140)
Es war im Sommer 1949. Alle drei waren dezidiert anders als alle übrigen Sterblichen. Sie benahmen sich, als würde die Wiedergeburt der menschlichen, religiösen und künstlerischen Kultur der Welt ganz selbstverständlich von ihnen allein abhängen. Sie vertraten ein Programm, eine universelle Ideologie, die sie selbst entworfen hatten. Ich hatte so etwas noch nie gesehen. Mit einem Bart oder kahlköpfig, mit chinesischer Haartracht, in sehr einfacher, eleganter Kleidung in einem raffinierten, selbstentworfenen und -genähten Stil wie im alten Ägypten. Barfuß oder in eigens entworfenen Sandalen, ebenfalls selbstgemacht, waren sie in eigener Person eine Wanderausstellung der Mode künftiger Jahrhunderte. Ihr Auftreten hatte mit der pittoresken Bohème nichts gemein, sondern war vom Ernst des Bahnbrechers, aus einer besseren Welt, die unendlich schöner und gerechter war. Zur höchsten Stufe durch Schönheit hingelangen war keine Utopie mehr, sondern ein Weg, ein durchaus reeller und verwirklichbarer Vorgang. Brô und Bernard übertrafen einander in ihrem kleidungsmässigen, piktoralen, philosophischen und literarischen Einfallsreichtum und ihrer menschlichen Leistungsfähigkeit, indem sie Micheline als Schiedsrichterin einsetzten, deren riesige Augen, ägyptische Nase und lange scharze Haare alles übertrafen (übersetzt aus: Kat. Brô, Paysages et Figures, abbaye-aux-Dames, Caen 1996)