HUNDERTWASSER IN NEUSEELAND

Friedensreich Hundertwasser

Bay of Islands, Bucht der hundert Inseln, Kaurinui Creek. Wer hier an Land geht, kommt in eine andere Welt: immergrüne Mangrovenwälder, die im Schlamm der Gezeiten bizarre Figuren bilden. Flechtenfiligran und Moosbärte ums Geäst, Dschungel mit der unendlichen Linie der Lianen, Riesenfarn und tausendjährige Kauri-Fichte, Riesen-Puriri-Baum, der sieben Männer zum Umarmen braucht. Tropische Palmenpracht, rotblühender Pohutukawa-Baum.

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Es ist die Einheit von Natur und Kunst, Kunst und Leben, die Friedensreich Hundertwasser immer gesucht hat, nie war er ihr näher als in Neuseeland.
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Hier in Neuseeland ist Hundertwasser wirklich, was er schon immer sein wollte: Ein Magier der Pflanze, ein Magier, der Gemälde mit magischer Vegetation füllt, wie man ein Glas mit Wasser füllt, bis es voll ist.
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Hier hat sich Hundertwasser niedergelassen, in Tälern, an Flüssen, in Urwäldern, so groß und unwegsam, dass man drei Tage braucht, um das Hundertwasserland abzuschreiten. Im Tal von Kaurinui lebt Hundertwasser wie in einem Landschaftsgemälde mit Bäumen, die er pflanzte, nicht malte, mit einem selbstaufgestauten Böcklin-Teich, mit Brueghel-, Klimt-, Schiele- und Sonnenstern-Tälern. Auch nach seiner Mutter Elsa und seinem Malerfreund Brô hat er Täler benannt. Hier wohnt er in einer einsamen Siedlerhütte, am liebsten in den Wintermonaten, wenn es Sommer ist in Europa und es in Neuseeland kalt ist und es viel regnet.
Hundertwasser, der lange vor der ökologischen Bewegung für das Grün Partei ergriff, hat in Neuseeland tausende von Bäumen gepflanzt, nicht um Nutzholz zu gewinnen, sondern um Boden, Wasser, Luft und Seele zu verbessern und der Schönheit wegen.

 

Verfasst von Hundertwasser für das Buch Ao Tea Roa, 1979

Publiziert in:

Brockstedt, Hans (Hg.), Ao Tea Roa – Insel der verlorenen Wünsche, Hamburg: Albrecht Knaus Verlag, 1979