Ausstellungen sind unsere Bekenntnisse...

Hundertwasser

Ausstellungen sind unsere Bekenntnisse von heute ... Schande über die, die nicht ausstellen. Diese Ausstellung ist meine sechste. Nur komplette Ausstellungen sind ernsthaft. Man muss diese gesehen haben, nicht zuletzt, weil man sich keine Vorstellung machen kann, wenn man die Farben nicht gesehen hat, und weil ich in Bezug auf Strukturen eher schwach bin, was leider bei Schwarzweißreproduktionen nur allzu deutlich wird. Außerdem passen meine Bilder sehr gut zusammen, wie ein Legespiel, und man müsste eine ganze Menge Bilder besitzen. Bis vor zwei Jahren war ich noch überzeugt, dass jeder malen könne, und ich malte auf eine Art, die jeder nachahmen und reproduzieren konnte, um zu beweisen, wie einfach es ist, aber es war vergebens. Jetzt hingegen möchte ich auf eine möglichst komplizierte Art malen. Das ist schöner und eröffnet wesentlich mehr Möglichkeiten. Jede dritte Generation sollte analphabetisch bleiben. Auf diese Weise bekämen wir das wunderbare Brachland, das wir so sehr brauchen (für die Transautomation) UND außerdem Menschen, die uns verstünden. Wir würden in allen Bereichen weiter und schneller vorankommen - auch mehr in die Tiefe - und das Leben wäre interessanter. Glücklicherweise war eine meiner Großmütter eine Analphabetin. Neue Visionen sind wie transgangetische Winde, die uns läutern und heilen. Ich hoffe, Sie werden ein grünblaues Tal sehen, asiatisch oder nicht, so gefährlich für Ultraschallflugzeuge. Es ist wunderbar. Ich, ein literarischer und dekorativer Maler, bin gesund und glücklich. Vor 17 Monaten erfand ich - als Erster, wie ich hoffe - den Individualfilm der transautomatischen Vision, mit dem wir nun UNSER NEUES ANALPHABETENTUM messen und sogar bekämpfen können, welches die schlimmste Form ist, die die Menschheit je gekannt hat und im Vergleich zu der das eigentliche Analphabetentum nur eine Bagatelle ist: die geschwächte Wahrnehmung und die VISUELLE IMPOTENZ. Die erste Tat, um aus dieser schrecklichen, schandbaren und demütigenden Situation herauszukommen, in der wir uns befinden, ist die sofortige Einführung der "obligatorischen Kreativität" und ihre Mobilisierung. Bis es so weit ist, müssen wir gleich anfangen, uns in FLUIDOIDER AKTIVITÄT und spiraloider Entwicklung zu üben. Ich liebe mich selbst, ich liebe meinen Namen, ich liebe meine Möglichkeiten. Mit dem Geld, das ich mit Malen verdiene, werde ich ein Haus und ein Automobil kaufen.

 

Für die Ausstellung in der Galerie Paul Facchetti, Paris, verfasst, 13. April 1956

Publiziert in:

Hundertwasser. New York: Parkstone Press International 2008, S. 59